Liebe Pfarrangehörige!
...Gott, der HERR, rief nach dem Menschen und sprach zu ihm: „WO BIST DU?“ Er antwortete: „Ich habe deine Schritte gehört im Garten; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, …“ Darauf fragte er: „Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, davon nicht zu essen?“ Der Mensch antwortete: „Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen.“ Gott der HERR sprach zu den Frau: „Was hast du getan?“ Die Frau antwortete: „Die Schlange hat mich verführt. So habe ich gegessen.“ (Buch Genesis, 3, 9-13)
Vollgepackt mit Bildern ist diese Erzählung aus dem Buch Genesis. Viele Künstler*innen hat sie bis heute inspiriert, sie ins Bild zu setzen. Nach orientalischem Vorbild wird erzählt, was wir auf den ersten Blick nicht sehen können.
Der MENSCH erkennt: „Weil ich nackt bin“. Weil ich so bin, wie ich bin. Ich kann vor mir selbst nicht davonlaufen und schon gar nicht vor Gott. Vom Baum zu essen lässt den Menschen erkennen, dass es Gut und Böse gibt, Leben und Tod.
Es war übrigens kein Apfel von dem gegessen wurde. Das lateinische Wort MALUS steht gleichzeitig für Apfel und das Böse, Schlechte. Eva wird daher sehr oft mit dem Apfel als Bild für das Böse dargestellt.
Und dann finden wir ein Phänomen:
„Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben“, sagt der Mensch. „Die Schlange hat mich verführt. So habe ich gegessen“, sagt die Frau.
Ist es nicht eine der größten „Verloggungen“ – Verlockungen - Verführungen – lieber auf die anderen zu zeigen, von sich wegzuweisen, auf andere schieben, von sich wegzuschieben? Wie nahe liegen doch das Wort loggen und lügen beisammen?
Die Schlange ist zum Symbol für Lüge, Verführung, „Verloggung“ geworden. Doch in den über einhundert verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten des Schlangensymbols finden wir sie auch als Symbol

Symbol der Weisheit, der Heilung (die Soterschlange am Äskulapstab), der positiven Lebensenergie. Erst im Christentum wurde sie zum Symbol des Bösen, deswegen wird der Kopf der Schlange zertreten. In frühchristlichen Traditionen verkörpert sie umgekehrt das menschliche Bewusstsein, die die Erkenntnis in die Welt bringt.
Wo bist du?
So hat Gott nach dem Menschen gerufen. Geht es um diese Frage nicht gerade auch in der Fastenzeit: Wo bin ich? Wo stehe ich mit meinem Leben? Was ist mir wichtig geworden? Ist die Verlockung, mich im Trubel des Alltags zu verlieren nicht viel zu groß? Lebe ich die Würde, dass ich von Gott erdacht, ein einmaliger Mensch bin? Erkenne ich meine Aufgaben in dieser Welt? Wird durch mein Leben etwas von Gottes Wirklichkeit erfahrbar? Wo sind meine Quellen, aus denen sich mein Glaube nährt? Welchen Wert hat für mich die Feier des Gottesdienstes, wo steht er auf meiner Prioritätenliste?
Könnte nicht der Verzicht – das Fasten – uns wieder sensibilisieren für diese Fragen?
Wo bist du?
Darum geht es auch beim Zukunftsweg der Kirche in OÖ. Viele Themen werden bearbeitet. Letztlich muss ich mich fragen: Was ist mir der Glaube wert? Welche Rolle soll er in Zukunft in meinem Leben, im Leben der Familie, der Pfarrgemeinde, in unserem Land, in unserer Welt spielen?
Ich wünsche uns den Mut, weit zu denken. Mut, der Verlockung zu widerstehen, immer etwas von anderen zu erwarten. Mut, mich selbst zu engagieren und einzubringen. Mut zur Veränderung, denn das ist Ostern – die größte Veränderung die es je gegeben hat: Leben besiegt den Tod.
Pfarrassistent